Interview KSP.Rechtsanwälte Teil 2
Mandanten erwarten von uns die Lösung eines Massenphänomens
Im ersten Teil des Gespräches mit Dr. Birgit Rase (Rechtsanwältin) und Dr. Tobias Röhnelt (Geschäftsführender Gesellschafter und Fachanwalt für Urheber und Medienrecht) von der Hamburger Anwaltskanzlei KSP.Rechtsanwälte warfen wir ein Schlaglicht auf Fragen von Urheberrechtsverletzungen in Zeiten der Pandemie und sprachen über den Weg der Hamburger Anwälte, Urheberrechtsverletzungen auf dem Weg eines "kooperativen" statt eines "konfrontativen" Ansatzes zu lösen.
Nun werden wir uns - zart - auf rechtsphilosophisches Gebiet wagen, aber auch auf handfestere Fragen zur europäischen Perspektive im Urheberrecht und auf die Thematik der Subscription Economy zu sprechen zu kommen.
Mit Dr. Birgit Rase und Dr. Tobias Röhnelt sprach Dr. Stefan Hartmann
- Gerade Medienrecht steht bei vielen Bürgern im Verdacht, kompliziert und unverständlich zu sein. Man wisse nicht mehr, was man "im Internet eigentlich darf oder nicht darf", es fehlt an einem intuitiven Rechtsverständnis, gerade in den Bereichen des Urheberrechtes und Persönlichkeitsrechtes. Was ist Ihr Eindruck: Kennen und verstehen Bürger da ihre Rechte und Pflichten?
Dr. Röhnelt: Die Bürger wissen mittlerweile, dass ihnen eine Sorgfaltspflicht bei der Nutzung fremder Inhalte auch im Internet obliegt. Vor elf Jahren - zu Beginn unserer Tätigkeit in diesem Bereich - war dies noch signifikant anders. Kurz: Die einzelnen Gesetze müssen die Bürger nicht im Detail kennen, aber sie müssen wissen, wie man sich im Grundsatz zu verhalten hat.
Dr. Rase: Lassen Sie mich ergänzen: In der anwaltlichen Praxis von KSP sind Fallgestaltungen unter Beteiligung von Privatpersonen allerdings sehr selten. In der Regel handelt es sich um gewerblich geprägte Nutzungshandlungen. Teilweise wird dies bei Unternehmen sogar in Kauf genommen. Es ist günstiger, sich in einigen Fällen erwischen zu lassen, als Rechte für alle Nutzungen zu erwerben. Dies erkennen wir an immer wiederkehrenden „Dauerkunden“.
- Bei Rechtsnormen verlagert sich die Perspektive ja immer stärker auf die EU. Dort werden mehr und mehr Regeln ausgehandelt, die dann in nationale Gesetze überführt werden. Eben auch beim Urheberecht.
Dr. Rase: Aus diesem Grund stehen wir – nach aktuellem Stand – vor einer erheblichen Veränderung der bisherigen Vergütungsstrukturen. In Umsetzung einer EU-Richtlinie sollen künftig Online-Plattformen Lizenzen abschließen, damit Urheber finanziell von der Verbreitung ihrer Werke im Netz profitieren können. Damit wird das Verhältnis zwischen Urhebern, Unternehmen und Plattform-Nutzern neu geregelt, wenn es um das Hochladen von Elementen wie Fotos, Artikelteilen oder Videoausschnitten geht.
Dr. Röhnelt: Schlagworte hierzu in den Medien sind Uploadfilter und Bagatellgrenze. Letztere sieht aktuell vor, dass bis zu 20 Sekunden eines Videos oder einer Tonspur, bis zu 1.000 Zeichen eines Textes sowie ein Lichtbild oder eine Grafik bis zu einer Datengröße von 250 Kilobyte ohne Zustimmung des Urhebers genutzt werden können. Die angemessene Vergütung des Urhebers soll über die Verwertungsgesellschaften sichergestellt werden, an welche die genannten Plattformen Pauschalen zahlen.
Wie dies mit dem Verfügungsrecht des einzelnen Urhebers über seine Werke in Einklang gebracht werden kann, sehe ich kritisch. Da wir uns in einem laufenden Gesetzgebungsverfahren befinden und die Umsetzungsfrist der EU Mitte 2021 endet, wird es hierzu aber zeitnah Gewissheit geben.
- Sie sprachen vom Thema Subscription Economy. Können Sie uns in wenigen Worten erklären, was das ist? Und welche Dienstleistungen Sie in diesem Zusammenhang anbieten?
Dr. Röhnelt: Im Kern geht es darum, dass es kaum eine Branche gibt, die derzeit nicht versucht, ihre Waren und Dienstleistungen im Abonnement anzubieten. Diese Tendenzen sehen wir ja auch im Bildermarkt. Einzellizenzen werden immer seltener vergeben. Mittlerweile haben die Menschen sich daran gewöhnt, gewisse Dinge nicht mehr zu besitzen, sondern nur noch nutzen zu können. Rechtlich gesehen handelt es sich hierbei um klassische Dauerschuldverhältnisse und ist für uns nichts Neues.Dr. Rase: Der Fokus unserer Beitreibungsstrategie in diesem Segment ist sehr auf den Kundenerhalt, also auf ein kundenschonendes imagewahrendes Vorgehen,gerichtet. Teilweise bearbeiten wir Forderungen aus noch laufenden Kundenbeziehungen, diese dürfen durch unser Auftreten keinesfalls gestört werden.Das bedeutet für uns, dass eine maßvolle Beitreibungsintensität noch stärker als sonst gefordert ist. Es geht also in erster Linie nicht ausschließlich um die Realisierung der geltend gemachten Forderung. Hierneben geht es auch um den intelligenten Umgang mit nachfolgenden Forderungen, welche ebenfalls zur Geltendmachung an uns übergeben werden. Für diese jeweils neue Akten anzulegen, wäre nicht lösungsorientiert und würde die Realisierungschancen deutlich verringern.
Aus diesem Grund beraten wir unsere Mandaten zu den Abläufen, die sich als Eigenart aus dem Abonnementgeschäft ergeben.Dazu gehört auch die Beratung zur Durchführung von Zugangssperren zu Accounts bzw. zu Zurückbehaltungsrechten oder auch zur Vornahme von außerordentlichen Kündigungen sowie der daraus resultierenden Geltendmachung von Schadensersatz für die Restlaufzeit des Vertrages. Wenn es um die Wiederfreischaltung von Accounts geht, ist schließlich eine reibungslos funktionierende Abstimmung mit unseren Mandaten sehr wichtig. Kein Kunde hat es nach dem Ausgleich der Forderung gern, wenn sein Account trotz laufendem Vertrag weiter gesperrt bleibt.
- Die wirklich großen Streitwerte werden im Medienbereich ja nicht unbedingt im Urheberrecht, sondern eher im Persönlichkeitsrecht, zwischen Promis und Verlagen beispielsweise, erstritten. Reizt Sie das nicht mehr?
Dr. Röhnelt: Die Medienwelt ist so vielfältig, so dass wir uns nicht allein auf die Vertretung von Fotografen und Agenturen im Urheberrecht beschränken. Dementsprechend sind wir auch im Bereich der Persönlichkeitsrechte, der öffentlichen Wort- und Bildberichterstattung tätig. Das sind aber in der Regel „spektakuläre“ Einzelfälle.
- Aber bringen diese Fälle einer Medien-Kanzlei nicht die besondere Aufmerksamkeit?
Dr. Rase: In erster Linie erwarten unsere Mandanten von uns Lösungen eines Massenphänomens im Urheberrecht – passend zu unserem USP Mengenverfahren & Anwalt. Hier sehen wir daher auch unseren Schwerpunkt. Die Bearbeitung der Fälle erfolgt im Übrigen unabhängig vom Streitwert mit gleichbleibend hoher Qualität.
Vielen Dank für das Gespräch.